Münster Marathon 2021

Nachdem mein Marathon Debüt letztes Jahr noch coronabedingt abgesagt wurde, kam es dieses Jahr nach langem Zittern am 12.9. dann endlich zustande. Warum das Jahr Verzögerung im Nachhinein vielleicht gar nicht so verkehrt war und was letztlich dabei rausgekommen ist, erfahrt ihr in den nachfolgenden Zeilen.


Ich habe nochmal gekramt - am 2.5.20 hatte ich mich ursprünglich letztes Jahr für die 2020er Ausgabe für den Münster Marathon angemeldet. Meine genauen Beweggründe? Keine Ahnung, was soll schon schief gehen bei 42,195 Kilometern ... Die Absage des Veranstalters folgte dann aber zwei Monate später (und zwei Monate vor dem Wettkampf) und verlängerte so meine Schon- bzw. Vorbereitungsfrist bis dieses Jahr vor einer Woche, den 12. September. In diesem Zeitraum habe ich mein Training nochmal ordentlich umgestellt und die Umfänge seit Beginn diesen Jahres kräftig erhöhen können, sodass ich auf wesentlich soliderer Basis in meine erste Marathon Vorbereitung starten konnte (genaueres zu den Schlüsseltrainings und den Prinzipien dahinter werde ich in einem weiteren Artikel noch berichten).

Im Sommer 2021 kamen bei mir aufgrund der steigenden Inzidenzen und immer neuen Berichten über Stolpersteinen für die Organisation in Münster (die übliche Helfer-Knappheit, ein spontan abgesprungener Absperrungs-Verleiher) Zweifel auf, sodass schon alternative Pläne geschmiedet wurden (etwa eine Woche später der Maasmarathon oder zur Not eben ein Solo-Marathon am Rhein entlang). Auf die musste ich zum Glück nicht zurückgreifen und konnte so nach einer sehr intensiven Vorbereitung dann tatsächlich in Münster das erste mal über die volle Distanz an den Start gehen.

Mangels persönlicher Vorerfahrung beruhten meine Zielsetzungen diesmal rein auf diversen Wettkampfrechnern und Trainingsbüchern. Ursprünglich hatte ich noch die glatte 4-Minuten Pace (also ca. 2:48h) im Sinn, um erstmal ein Gespür für die besonderen Herausforderungen der Marathondistanz entwickeln zu können. Der Trainingsfortschritt und der erfolgreiche Halbmarathon wenige Wochen zuvor rechtfertigten dann aber ein optimistischeres Ziel – letztlich hatte ich vor dem Start eine Zeit zwischen 2:40h und 2:45h im Kopf, allerdings mit dem vorrangigen Ziel, den Wettkampf möglichst ohne Quälerei und Schmerzen (zumindest während des Rennens) genießen zu können.

So ging es am frühen Sonntag Morgen um kurz vor 9 Uhr für mich in Startblock A. Die Wetterbedingungen waren ein Traum: Moderate 17 Grad zum Start, ein wenig Sonne und nur leichter Wind aus westlicher Richtung. Wenige Sekunden vor dem Startschuss dann noch etwas Aufregung: Die vier teilnehmenden Kenianer hatten sich noch bis zur letzten Sekunde aufgewärmt und sind quasi erst zum Countdown noch nach ganz vorn in den Block gesprungen. Die ersten 200 Meter vom Schlossplatz bestand noch Maskenpflicht, danach konnte richtig durchgestartet werden.

Streckenverlauf und Höhenprofil des Münster Marathons 2021

KM 1-10: Einrollen in der Stadt

Ein Grund für mein Marathon-Debüt in Münster war, dass ich die erste Hälfte der Strecke bereits vor einigen Jahren mal im Rahmen des Staffelmarathons absolviert und in angenehmer Erinnerung behalten hatte. Vom Start weg hatte ich mir eine defensive Pace im Bereich zwischen 3:50 und 4:00 min/km verschrieben und konnte das auch umsetzen, bis ich mich nach ein paar Kilometern dann eher in Richtung 3:50er Pace orientierte. Eine Gruppe ließ sich so erstmal nicht finden, war aber auch gar nicht nötig, da dieser Streckenabschnitt von zahllosen Zuschauern gesäumt war und auch mehrere Bands und Bühnen bereits die Stimmung ordentlich anheizten.

KM 11-20: Um den Aasee und raus aufs Feld

Nach den Stadtkilometern folgte dann, worauf ich mich in Münster besonders freute: die Abwechslung mit einigen Laufkilometern durchs Grüne, vorbei an Seen und Feldern. Hier fand ich dann auch einen Mitstreiter, mit dem ich einige Kilometer Seite an Seite lief und ich mich auf eine recht konstante Pace einigen konnte. Bei KM15 wartete meine Freundin mit dem ersten Gel (nachdem sie bei KM 2 und 7 schon kräftig angefeuert hatte), damit ich meine bisherige Verpflegung durch Wasser um ein paar wichtige Kohlenhydrate ergänzen konnte. Wir hatten uns auf insgesamt 6 Treffpunkte entlang der Strecke abgestimmt, sodass ich mich in regelmäßigen Abständen auf sehr persönliche und emotionale Anfeuerungsrufe freuen konnte.

KM 21-30: Die Hälfte geschafft, eine neue Gruppe formiert

Kurz vor dem Halbmarathon schloss ich mit meinem Mitstreiter auf eine größere Gruppe auf, sodass wir mit fünf Läufern die Marathon-Halbzeit überquerten. Es zeigte sich recht schnell, dass ich die nächsten Kilometer dann in einer gut funktionierenden dreiköpfigen Gruppe mit zwei Läufern des LSF Münster, darunter auch die schnellste deutsche Frau (und ebenfalls Marathon-Debütantin) Johanna Rellensmann, bestreiten würde. Wir hatten mit leichtem Gegenwind zu kämpfen, konnten das Tempo aber auf eine sehr runde Pace von 3:51min sogar etwas steigern im Vergleich zu den vorigen Streckenabschnitten. Bei KM23 wartete dann Sonja mit dem nächsten Gel auf mich und es konnte mit frisch nachgetankter Energie weitergehen in Richtung KM30. Die Beine fühlten sich in diesem Abschnitt absolut zuverlässig an, obwohl ich mir gerade hier auch etwas unsicher wegen des hohen Tempos und Krafteinsatzes war.

KM 31-Ziel: Raus aus dem Wind, rein in den Endspurt und zurück in die Stadt!

Nach dem 30. Kilometer ging es aus dem Außenbezirk Roxel so langsam zurück gen Osten nach Münster mit einer weiteren Schleife durch Gievenbeck. Mein Pacing habe ich bei diesem Rennen erneut hauptsächlich auf die 1km Splits gestützt, was dieses Mal auch besser funktioniert hatte. Auf dem letzten Streckenabschnitt hätte ich mir aber vielleicht das Höhenprofil etwas genauer ansehen sollen, da es nach KM35 dann doch nochmal ein wenig welliger wurde (wenn man davon bei 118HM insgesamt überhaupt sprechen darf) und so auch mal eine Zwischenzeit mit 4min/km dabei war. Da sich die Beine nach dem letzten Verpflegungstreffpunkt mit Sonja weiterhin brauchbar anfühlten, entschied ich mich kurzerhand, ab dort wieder eigene Sache zu machen und nach vorne aus meiner Gruppe raus zu laufen.

Auf den letzten Kilometern vor den großen 40 war auch ein etwas mulmiges Gefühl dabei, da mein bis dato längster Lauf nur 35 Kilometer umfasste und ich so jetzt auf unbekanntem Terrain das große Finale für den heutigen Tag antrat. Für Zweifel waren dann aber irgendwann kein Platz mehr, da auch die letzten 5 Kilometer nur so dahin flogen und ich ab einem gewissen Punkt dann sicher war, das Tempo auch bis zum Schluss halten zu können. Auf den letzten Kilometern schloss dann Marcel vom LSF Münster, mit dem ich zuvor in der Dreiergruppe unterwegs war, zu mir auf und zog erstmal vorbei. So bot sich aber für mich die Gelegenheit, dank weiterhin solider Beine die Pace von Marcel mitzugehen und noch ein bisschen mehr rauszuholen, als es alleine möglich gewesen wäre. Auf dem finalen Kilometer, wieder angekommen in der Stadt, war die Atmosphäre dann auf dem absoluten Höhepunkt. Obwohl der Zielbereich um den Prinzipalmarkt großräumig abgesperrt und nur mit 3G Nachweis und Maske zugänglich war, blieb hier kein Meter entlang der Strecke mehr frei und spätestens mit Beginn des roten Teppichs und der bunten Flaggen am Prinzipalmarkt war klar: es ist geschafft! Kurz vor dem Ziel ging Marcel noch in Führung, aber was wäre ein Wettkampf ohne echten Zielsprint? Auf den letzten 100 Metern setzte ich so nochmal zum Gegenangriff an und erwischte meinen Kontrahenten aus dem Hinterhalt auf dem kalten Fuß. Mit meinem Sprint finishte ich letztlich in 2:43:24h als 10. Mann, 12. gesamt und 4. meiner Altersklasse – und diesmal von der ersten Sekunde im Ziel an überglücklich und sehr zufrieden mit meinem erfolgreichen Marathon Debüt!

| Split        | Zeit     | Pace im Split | Pace total  | Gesamt | MW | AK |
|--------------|----------|---------------|-------------|--------|----|----|
| 10K          | 00:38:54 | 3:53 min/km   | 3:53 min/km | 24     | 21 | 7  |
| Halbmarathon | 01:22:15 | 3:54 min/km   | 3:54 min/km | 20     | 18 | 6  |
| 30K          | 01:56:36 | 3:51 min/km   | 3:53 min/km | 17     | 15 | 6  |
| Ziel         | 02:43:24 | 3:50 min/km   | 3:52 min/km | 12     | 10 | 4  |
Die Zwischenzeiten meines Münster Marathons im Überblick

Lessons learned:

  • Tapering: Bedingt durch den Berliner Halbmarathon und einige Events in den letzten Wochen vor dem Marathon rutschte mein härtester und längster Long Run auf den Montag gerade mal 13 Tage vor dem Rennen. Hier würde ich beim nächsten Mal definitiv für einen größeren Abstand sorgen und das letzte Tune-up Rennen eher noch eine Woche vorziehen. Die letzte harte Woche nach dem Halbmarathon war für mich mental sehr wichtig, da ich hier nochmal die Bestätigung finden konnte, dass der Halbmarathon nicht zu viele Körner gekostet hat. Die verbleibenden Tage Tapering waren dann aber zu kurz.
  • Pacing: Das lief mal wie am Schnürchen! Durch die zurückhaltende erste Hälfte hatte ich auf der zweiten dann jede Menge Kraftreserven und bis zum Ende frische Beine, keine Spur von Krämpfen. So ließ sich ein schön negatives Pacing auf den verbleibenden Kilometern umsetzen und als Sahnehäubchen gab's auf dem Schlusskilometer die schnellste Pace des ganzen Tags. Ich hätte mich wahrscheinlich zu Beginn schon deutlicher zur 3:50er Pace bekennen können, aber so hatte ich bis zum Ende genug Reserven im Tank, um das Rennen genießen zu können.
  • Motivation: Die Entscheidung für die sub 2:45 fiel tatsächlich erst nach dem Start auf den ersten Kilometern und war eine sehr gute. Durch die vielen mit meiner Freundin verabredeten Motivations- und Verpflegungspunkte entlang der Strecke konnte ich die lange Distanz in überschaubare Häppchen unterteilen und abarbeiten. Ohne die starke Gruppe auf der zweiten Hälfte wäre es womöglich deutlich schwieriger geworden, das Selbstvertrauen für das schnellere Pacing aufzubringen, aber da hatte ich an diesem Renntag wohl einfach mal Glück. Der Solo-Ritt ab KM35 tat wiederum einfach gut und hatte den Vorteil, dass ich in diesem letzten Abschnitt voll meine gewünschte Pace laufen konnte.
  • Verpflegung: Auch bei der Versorgung ging es für mich auf absolutes Neuland: Zuvor hatte ich bei keinem Wettkampf Kohlenhydrate in jeglicher Form zugeführt, hatte aber zumindest das auserkorene Gel mal bei dem ein oder anderen Long Run (allerdings ohne besondere Intensität) angetestet. Das erste von insgesamt drei isotonischen Gels (bei KM15, 23 und 34 jeweils) nahm ich so dann sehr langsam zu mir und trug es einige Kilometer noch mit rum, bevor es ganz leer war. Zwischendurch gab es an quasi jedem Verpflegungspunkt einen Becher Wasser. Ab KM 37 wurde der Bauch dann aber etwas hart und ich vorsichtiger mit weiterem Wasser. Letztlich bin ich sehr zufrieden mit der Verpflegung, würde nur beim nächsten Mal definitiv auch die angebotene Eigenverpflegungsmöglichkeit in Anspruch nehmen, sodass das Trinken etwas leichter fällt.

Fazit

Ein Debüt, auf das sich das lange Warten definitiv gelohnt hat – mein erster Marathon war der erhoffte Höhepunkt meiner trainingsreichen Laufsaison 2021 und ein sehr gelungener Einstand auf den berüchtigten 42,195 Kilometern. Ich kann die Strecke und die Stimmung in Münster nur wärmstens weiterempfehlen, hier habe ich mich nochmals deutlich wohler gefühlt als in Berlin. Einzig die ungewohnt kaputten Beine bremsen meine Rückkehr ins gewohnte Training noch etwas, aber eins ist sicher: nächstes Jahr werde ich definitiv wieder Marathon laufen!