Nachbericht zu meinem Berlin Halbmarathon 2021

Nachbericht zu meinem Berlin Halbmarathon 2021
Mit Maske und Zugangsbändchen am rechten Arm – ob das nächstes Jahr noch so aussehen wird?

Etwas mehr als 1,5 Jahre Wettkampfpause und dann das – Ausgerechnet einer der teilnehmerstärksten Halbmarathons deutschlandweit beendet meine coronabedingte Wettkampfabstinenz! Wie der Veranstalter bei diesem Event mit über 15.000 Teilnehmern trotzdem für ein gutes Gewissen gesorgt hat und wie das Rennen lief, lest ihr hier in meinem Nachbericht.


Nach gut 1,5 Jahren ohne offizielle Rennen habe ich am Sonntag, 22.8., endlich meinen ursprünglich für Frühling 2020 gemeldeten Halbmarathon in Berlin nachholen können. Nach zwei "Solo" Rennen und ein paar virtuellen Wettkämpfen stand da also tatsächlich mal wieder ein echter Raceday im Kalender! Noch eine Woche vor dem Rennen hätte es mich absolut nicht überrascht, wenn wie bei so vielen anderen Events eine kurzfristige Absage erfolgt wäre. Echte Vorfreude? Eine schwierige Angelegenheit ... Zug und Hotel waren aber gebucht und so ging es am Samstag dann mit immer noch etwas ungläubiger Vorfreude nach Berlin. Der Veranstalter SCC Events hatte unter dem Motto „Restart Running“ bereits zwei Wochen zuvor die City Run Night in Berlin mit etwa 5.000 Teilnehmern organisiert und konnte so die geplanten Konzepte für den größeren Halbmarathon (und den darauf folgenden noch größeren Marathon) gut auf Herz und Nieren prüfen.

So ging es für mich am Samstag also nach dem Checkin im Hotel direkt weiter zur Halbmarathon-Expo, um die Startunterlagen abzuholen. Beim Betreten des Geländes am Flughafen Tempelhof gab es strenge Einlasskontrollen, jeder musste hier entweder einen Nachweis über vollständigen Impfschutz oder aber ein negatives Testergebnis eines Antigen-Tests vorweisen können, Perso-Kontrolle natürlich inklusive. Nach Prüfung gab es entsprechende „Festival“-Bändchen, die für das Rennen am Folgetag eine schnelle Zugangskontrolle ermöglichen sollten. Übrigens musste jeder nicht vollständig Geimpfte zusätzlich noch vor Ort dann einen PCR Test durchführen, um mitlaufen zu dürfen (über 90% der Starter waren laut Veranstalter aber eh vollständig geimpft). Die Expo auf dem Flughafengelände war so weitläufig, dass man fast das Gefühl hatte, schon einen kleinen Halbmarathon bis zum Stand mit den Startnummern zurückgelegt zu haben. Kein Vergleich zu dem unbehaglichen Gefühl im vollen ICE nach Berlin ...

Corona-Konzept „Restart Running“: Das abgesperrte Veranstaltungsgelände des Berliner Halbmarathons 2021

Für den Veranstaltungstag selbst war dann ein riesiges Areal rund um Start und Ziel abgesperrt, zu dem ausschließlich die vollständig geimpften oder PCR-getesteten Teilnehmer Zutritt hatten, zudem galt hier noch eine Maskenpflicht. Schließlich sorgte die Aufteilung der vielen Starter in sechs verschiedene Blöcke dazu, dass sich alle schnell zerstreuten und jede Menge Platz zum Aufwärmen blieb. Ich zog in Richtung Block A und wärmte mich so in unmittelbarer Nähe vom Startbogen auf, um dann erst ein paar Minuten vor dem Start ins locker gefüllte Startfeld der ersten Welle zu gehen (auch hier noch mit Maske). Nachdem der Startschuss fiel, durfte die Maske dann abgezogen werden und es war wieder (fast) alles wie immer.

Auf dem Veranstaltungsgelände gab es jede Menge Platz und breite Akzeptanz für die Maskenregel

Meine Zielsetzung für dieses Rennen: Eine neue persönliche Bestzeit über die Halbmarathon-Distanz sollte her, möglichst aber nicht um jeden Preis, da mein Haupt-Trainingsziel ja erst drei Wochen später mit dem Münster Marathon anstand und ich für den letzten Feinschliff schnell wieder zurück ins Training finden wollte. Eine Pace im Bereich zwischen 3:30 und 3:35 min/km wurde so das formulierte Ziel, mit vielleicht sub 1:15h als Resultat. Mental ein ordentliches Brett, da ich zuletzt im März auf einer solchen Distanz so schnell loslaufen musste, aber durch die hohe Leistungsdichte im Feld gab es zum Glück immer wieder die Möglichkeit, sich an verschiedene Läufer dranzuhängen. Kleines Ärgernis direkt bei KM1: Die Distanzmessung meines Stryd Footpods sprang erst 200m nach der ersten KM-Marke auch auf 1,00km und lieferte mir so direkt ab Beginn falsche KM Split Zeiten, was mich im weiteren Rennverlauf etwas an Orientierung und Motivation gekostet hat.

Streckenverlauf mit Start an der Siegessäule und Finish hinter dem Brandenburger Tor (Karte: Open Street Maps)

Vom Start an der Siegessäule ging es in zügigem Tempo und mit Rückenwind also los nach Charlottenburg. Die Wetterbedingungen heute versprachen Bestzeit-Potenzial, bei 19 Grad und viel Bewölkung war einzig der böige Ostwind ein moderater Störfaktor. Dieser machte sich dann erstmals am Lietzensee, dem westlichsten Punkt der Strecke, nach etwas über 6 Kilometern bemerkbar. Spätestens ab KM9 war der Gegenwind dann ständiger Begleiter und ich versuchte mich in diesem Rennabschnitt möglichst viel zu verstecken, um Körner zu sparen. Mit einer Zwischenzeit von 35:13min nach 10 Kilometern war ich gut im Plan (~3:31min/km), hatte aber vor dem Rennen nicht wirklich die 10k Durchgangszeiten ausgerechnet und so nur in etwa im Kopf, dass zumindest meine PB heute definitiv fallen würde. Im Abschnitt von KM10-15 sorgte aber genau diese Erwartung dann für Schwierigkeiten bei der Motivation, da ich ja schon mit gutem Puffer im Zeitplan war und über die neue PB hinaus vor allem das Ziel im Vordergrund stand, die Beine nicht zu sehr kaputt zu laufen für die verbleibende Marathon Vorbereitung. Deswegen fühlten sich diese 5km dann mit 3:38min/km und dem nervigen Gegenwind am mühevollsten und gleichzeitig auch leersten an.

| Split | Zeit     | Pace im Split | Pace total  | Platz |
|-------|----------|---------------|-------------|-------|
| 5K    | 00:17:24 | 3:29 min/km   | 3:29 min/km | 95    |
| 10K   | 00:35:13 | 3:34 min/km   | 3:31 min/km | 87    |
| 15K   | 00:53:20 | 3:38 min/km   | 3:33 min/km | 89    |
| Ziel  | 01:15:09 | 3:35 min/km   | 3:34 min/km | 82    |
Die Zwischenzeiten meines Halbmarathons in Berlin im Überblick

Nach 18km auf der Museumsinsel angekommen, drehten wir dann endlich gen Norden aus dem Wind und nach einer Umrundung des Gendarmenmarkts war das Ziel schon zum Greifen nahe. Ich hatte auf den letzten Kilometern so gar keine Idee mehr, auf welche Zielzeit ich jetzt kommen würde und realisierte so erst nach Durchquerung des Brandenburger Tors, dass die Uhr bei 1:15h stehen bleiben würde und sprintete bei 1:15:09 als 94. gesamt, 82. M und 28. meiner Altersklasse durchs Ziel – über drei Minuten schneller als meine letzte Bestzeit! Dennoch machte sich nach diesem harten Rennen mental vor allen Dingen erstmal Leere breit und es dauerte noch einige Stunden, bis ich mich über diesen PB-Erdrutsch so richtig freuen konnte.

Vom Potsdamer Platz (KM15) waren noch ein paar harte KM abzuleisten

Lessons learned:

  • Pacing: Für das nächste Rennen werde ich mir präzisere Zwischenzeiten einprägen, um im Notfall auch mit unzuverlässiger eigener Messung die Orientierung zu behalten. Die positiven Splits im Rennverlauf (die ersten 5k am schnellsten) waren für mich nicht optimal, aber auch stark dem harten Wechsel zwischen Rücken- und Gegenwind geschuldet. In einem der nächsten Trainingswettkämpfe will ich daher versuchen, mich ausschließlich nach der Leistungsmessung des Stryds zu pacen (diese bezieht Steigung und Windverhältnisse mit ein)
  • Motivation: Die Zielsetzung zur neuen PB hat für mich bei diesem Mal nicht gut funktioniert. Zu groß war der Formsprung, als dass ich überhaupt etwas anderes erwartet hätte und nach oben raus fehlte dann das nächstgrößere Ziel. Die lange Wettkampfpause hat die Motivation zusätzlich etwas gedrückt und ich musste bei diesem Rennen auch erstmal lernen, es rein als Vorbereitungswettkampf anzugehen. Beim nächsten Mal werde ich versuchen, Vorbereitungsrennen und PB Versuche voneinander zu trennen, damit ich bei letzterem auch wirklich all-out gehen kann und nicht mit dem Gefühl im Ziel stehe, dass noch mehr drin gewesen wäre.
  • Verpflegung: Das Bechertrinken war nach langer Wettkampfpause natürlich etwas verbesserungsbedürftig. Aber insgesamt lief es gut und rein über das Wasser von den Verpflegungsstationen. Das altbewährte Frühstück zwei Stunden vor dem Start (ein halbes Brötchen mit Marmelade) hat wieder perfekt funktioniert.

Fazit

Der Berliner Halbmarathon war für mich ein genialer Wiedereinstieg in die Real-Wettkämpfe. Ich hab zwar etwas gebraucht um das zu realisieren, aber unterm Strich lief das Rennen ziemlich optimal und konnte das lang ersehnte Ziel von sub 1:20h bei einem offiziellen Wettkampf (Die alte Bestmarke von 1:18:28 lief ich in einem Solo Rennen) äußerst deutlich erfüllen. Ich gehe außerdem mit dem Gefühl aus dem Rennen, dass ich bei einem Halbmarathon all-out noch mehr rausholen und meine PB bald noch etwas verbessern kann. Zuletzt war dieser Wettkampf drei Wochen vor meinem Marathon mit der geleisteten Intensität ein sehr effektives Tune-Up Race, das mir auf der einen Seite einiges an positivem Feedback für meine Trainingsarbeit gegeben hat und auf der anderen Seite trotzdem nicht zu heftig war, sodass ich die Schlüsseleinheiten des letzten Trainingssegments für den Marathon immer noch erfolgreich absolvieren konnte.